Projektwoche der Dachdecker-Azubis der Berufsschule Alwin-Lonke-Straße

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Der orange Nahtprüfer und die Silikon-Andrückrolle liegen neben Bleistift und Zollstock, rechts davon Messingbürste und Handschweißgerät, darunter Eckblech und Folienschere. Auf jedem der elf Werkbänke in den Schulungsräumen der Firma Bauder in Achim ist das Werkzeug akkurat und einheitlich ausgerichtet. „Exakt so sieht es auch wieder aus, wenn ihr heute Nachmittag geht.“ Bauingenieurin Doris Wiener weist acht Dachdecker-Azubis aus der Berufsschule Alwin-Lonke-Straße ein.

2016 pw 03Am ersten Tag der Projektwoche, die vom Förderkreis zugunsten des Nachwuchses der Dachdecker-Innung Bremen gesponsert wurde, sollten die angehenden Gesellen das fachgerechte Verschweißen und die Verarbeitung von Kunststoff-Bahnen üben. Zunächst wurden zwei Bahnen aneinandergeschweißt. Auf die korrekte Haltung des Heißluft-Föns ist ebenso zu achten wie auf die Führung der Andrückrolle. Die Azubis machten sich an die Arbeit. Nachdem das Material abgekühlt war, schnitt Doris Wiener mit einem Cutter-Messer einen schmalen Streifen aus den zusammengeschweißten Kunststoffbahnen. Sie riß die obere von der unteren ab. Was zum Vorschein kam, war die Breite der Naht. Zwei Zentimeter muss sie breit sein. Die wenigsten schafften es auf Anhieb. Also ein zweiter Versuch. Danach die nächste Aufgabe: Die Azubis verkleideten ein Inneneck. Auch hier ohne Zeitdruck und ohne den ungeduldigen Blick des Chefs, aber in der Gewissheit, dass später auf der Baustelle ein fehlerfreies und sauberes Verlegen über die Verarbeitungsqualität entscheidet. Jeder der acht künftigen Dachdecker schnitt die vorgeschnittenen Kunststoffplatten zu, rundete die Ecken ab und markierte die T-Stöße. Doris Wiener erklärte ihnen, wie das überlappende Material vorbearbeitet werden muss, damit sich zu guter Letzt die Schweißnaht auch an diesen neuralgischen Punkten vollständig verschließt.

2016 pw 04Zu Mittag wurden belegte Brötchen in gut bemessener Anzahl gereicht. Die Service-Platten waren dennoch schnell leer. Gestärkt ging es zurück in den Schulungsraum. Das Arbeiten mit dem Schweißautomaten stand an. Für Dachflächen, die größer als eine Doppelgarage sind, ist Schweißen per Hand zu aufwändig. Der geübte Dachdecker schafft mit dem Gerät 4,5 Meter pro Minute. Betriebe, die über keinen Schweißautomaten verfügen, können sich das 6.500.- Euro teure Gerät beim Kunststoffbahnen-Hersteller ausleihen – für 100.- Euro pro Tag. Die Azubis begannen mit einer Verarbeitungsgeschwindigkeit von 2,5 Metern pro Minute. Sobald der seitlich montierte Heißluftstutzen unter die obere Kunststoffbahn geschoben wird, setzt sich das Gerät in Bewegung. Wer den Griff nicht mit ruhiger Hand führt, riskiert eine unregelmäßig breite Schweißnaht. Nach verrichteter Arbeit auch hier die obligatorische Reißprobe und die Erkenntnis, dass aller Anfang nicht leicht ist.

2016 pw 02Am Tag zwei und drei der Projektwoche waren die Dachdecker-Azubis zu Gast bei der Firma Rheinzink. In deren Schulungswerkstatt übten sie sich in der Zinkabdeckung von Dächern, Gauben und Fassaden. Erste Einblicke erhielten sie außerdem in die vom Unternehmen angebotenen Dachentwässerungssysteme. Mit derlei Vorkenntnissen befähigt wechselten die acht jungen Männer in die Räume der Dachdecker-Einkauf Nordwest eG (DENW) und sollten anhand eines Fotos, das ein Einfamilienhaus mit Walmdach zeigte, den Materialbedarf für die Dachentwässerung ermitteln. Das Lernziel war klar: Je exakter die Bestellung aufgelistet ist, desto schneller liefert der Großhändler das benötigte Material vor Ort an der Baustelle. Kunde und Lieferant sind aufeinander angewiesen und arbeiten Hand in Hand. Zumal im Falle der DENW, in der die Dachdeckerbetriebe Kunde und zugleich Teilhaber der Genossenschaft sind.

2016 pw 05Die anschließende Führung durch den Verkaufsraum, die Lagerhallen und über das weiträumige Außengelände, auf dem die LKW gerade eben mit den bestellten Waren für die Touren des nächsten Morgens beladen wurden, vertieften bei den Azubis nochmals das Verständnis in die Abläufe einer pünktlichen und verlässlichen Logistik-Kette.

Den Abschluss der Projektwoche markierte der Besuch in den Räumen der Firma Roto. Der Hersteller von Dachflächenfenster schult in seinem Campus in Weyhe jährlich über 300 Gesellen und Azubis. Die angehenden Dachdecker durften ein Schwingfenster auf einem vorfertigten Dachsegment selbstständig einbauen – nach eingehender Instruktion eines Firmen-Mitarbeiters, der den jungen Gästen gleichfalls das komplette Fenstersortiment im Ausstellungsraum zeigte und erläuterte. Auf besonderes Interesse stieß hierbei ein 2,60 Meter breites und 1,70 Meter hohes Panorama-Fenster, dessen drei Flügel per Knopfdruck in einem Dachkasten verschwinden. Stückpreis: rund 20.000.- Euro. Ungefähr 1.000 Stück werden hiervon pro Jahr eingebaut. Allerdings, so der Firmenmitarbeiter, übernähmen dies konzerneigene Monteure. Für die Dachdeckerbetriebe und ihren Nachwuchs bliebe freilich genug zu tun. Zwei Millionen Dachfenster würden laut Unternehmensangaben jährlich in Deutschland eingebaut oder ausgetauscht. Zweimal bauten die Azubis das Vorführ-Fenster zunächst ein und dann wieder aus. So konnte sich jeder von ihnen ausprobieren. Roto sorgte auch für das leibliche Wohl der Besucher. Getränke fanden reißenden Absatz. Und bevor sich die acht Azubis verabschiedeten, wurde ihnen ein gut schmeckendes und scharfes Chilli con carne serviert.